Raaw Madonna V3 Enduro-Bike Test: Aller guten Dinge sind 3 (2024)

Raaw Madonna V3 im ersten Test: Es wurde bereits angeteasert, jetzt ist es endlich so weit: Das Raaw Madonna geht in die dritte Runde. Die neuste Iteration des beliebten Enduro-Bikes kommt mit einigen Detailverbesserungen und ist vor allem deutlich anpassbarer als sein Vorgänger. Alle Infos und einen ersten Testeindruck gibt es hier.

Steckbrief: Raaw Madonna V3

Rein optisch hat sich das Raaw Madonna V3 seinem Vorgänger gegenüber nicht drastisch verändert. Unter der Motorhaube hat sich hingegen einiges getan. Neben der hinzugekommenen XXL-Größe sowie Detailverbesserungen am Rohrsatz, der Hardware, Geometrie und Kinematik ist vor allem das Toolbox-Konzept die größte Neuerung. Dieses erlaubt dem Kunden – wenn er denn will – die Geometrie und Kinematik an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Außerdem gibt es jetzt optional die Möglichkeit, ein 27,5″-Hinterrad und SRAM Transmission-Antriebe zu verbauen.

Beim Federweg des Enduro-Bikes aus Aluminium hat sich nichts verändert: Hier arbeiten nach wie vor 170 mm an der Front und 160 mm am Heck. Auch die 29″-Bereifung ist und bleibt Standard. Wir hatten bereits die Möglichkeit, das neue Raaw Madonna V3 kurz für euch auszuprobieren. In Rahmengröße L brachte unser Testbike mit robuster, abfahrtslastiger Ausstattung 16,5 kg auf die Waage. Nach wie vor bietet Raaw keine Komplettbikes, sondern nur Rahmensets und Rolling Chassis zum Kauf an. Preislich geht’s hierfür bei 2.790 € los.

Diashow: Neues Raaw Madonna V3 Enduro-Bike im ersten Test: Madonnawetter!

Diashow starten »

Im Detail

Raaw bleibt sich seinem geradlinigen Look treu. Die Silhouette des Raaw Madonna V3 unterscheidet sich nur geringfügig vom V2. Die optisch wohl auffälligsten Neuerungen stellen die untere Dämpferaufnahme, das tiefer nach unten gezogenen Oberrohr und das wuchtige Steuerrohr dar. Auf den zweiten Blick erkennt man allerdings schnell, dass sich dann doch mehr getan hat, als man erst mal vermutet hätte.

Alt (links) vs. neu (rechts) – einfach den Slider verschieben:

So wurde das Unterrohr sowie dessen Ansatzpunkte an Steuerohr und Tretlager gründlich überarbeitet. Dies hat zur Folge, dass die ISCG-Aufnahme ab sofort abnehmbar ist. Außerdem hat man dadurch mehr Platz für den Dämpfer geschaffen. Hier passen jetzt alle gängigen Dämpfer. Weiterhin wurden alle Frästeile überarbeitet und fallen jetzt nicht nur kompakter, sondern auch leichter aus. Das Rahmengewicht liegt inklusive aller Hardware, aber ohne Dämpfer, bei 3,9 kg.

Lagerung Umlenkhebel & Kinematik

Ebenfalls neu ist die Lagerung von Hauptlager und Umlenkwippe. Die verbauten Lager sind nun breiter und die Achse läuft direkt durch die inneren Lagerringe. Durch diese im Vergleich zum Vorgänger weniger komplexe Bauweise soll das Potenzial für Knarzgeräusche deutlich reduziert worden sein.

Auch der Umlenkhebel an sich wurde neu gestaltet und ist schmaler geworden. Nach wie vor setzt Raaw beim Madonna auf verschiedene Umlenkhebel für verschiedene Fahrergewichte: Der Rocker 60 mit einer Progression von 26 % richtet sich an Fahrer*innen unter 90 kg, während der Rocker 65, der eine Progression von 23 % aufbaut, perfekt für etwas schwerere Personen geeignet sein soll. Beide Links stellen 160 mm Federweg zur Verfügung. Zudem wurde Kinematik des Madonna V3 hinsichtlich der ersten Millimeter des Federwegs optimiert. Dies soll sich durch ein sehr feinfühliges Ansprechverhalten bemerkbar machen.

Verstelloptionen

Die größte Neuerung ist allerdings sicherlich das bereits vom Raaw Yalla bekannte und im Downhill World Cup erprobte Toolbox-Konzept. Dieses gewährt – wenn gewünscht – ausführliche Verstelloptionen für Geometrie und Kinematik. So kann durch eine austauschbare Dämpferaufnahme die Tretlagerhöhe um je drei Millimeter nach oben oder unten angepasst werden. Zudem kann hierdurch ebenfalls eine Justage der Progression um drei Prozent in beide Richtungen vorgenommen werden.

Auch die Kettenstrebenlänge lässt sich von ihrem Ausgangspunkt um 5 mm in beide Auslenkungen verstellen. Hier stehen also drei Settings zur Verfügung. Wem das noch nicht reicht, der kann dank des durchgehenden 56 mm-Steuerrohrs einen Winkelsteuersatz verbauen und so weitere Anpassungen vornehmen. Außerdem lässt sich das Madonna V3 auch im Mullet-Setup mit 27,5″-Hinterrad fahren. Auch hierfür zeichnet sich die austauschbare untere Dämpferaufnahme verantwortlich. Die MX-Variante sorgt dafür, dass die Geometrie auch mit kleinem Hinterrad passt.

Übrigens nimmt das Madonna V3 bei Bedarf auch Doppelbrücken-Federgabeln mit bis zu 180 mm Federweg auf. Dafür lassen sich sogar die Anschlagpuffer vom Raaw Yalla am Madonna montieren.

Neues Schaltauge & UDH Kompatibilität

Das Raaw Madonna V3 ist ab sofort auch SRAM UDH-kompatibel – allerdings nur optional und dann ohne Kettenstrebenverstellung. Raaw bietet für das Madonna nämlich zwei Sitzstrebenvarianten zum Kauf an: eine mit UDH-Aufnahme und eine mit herkömmlichem Schaltauge, dafür aber mit Kettenstrebenverstellung. Wer die Länge seiner Kettenstreben anpassen will, greift also zu den Raaw-Ausfallenden.

Kabelführung & Rahmenschutz

Die Kabel werden wie bei Raaw typisch extern geführt, was Wartung und Montage von Schaltwerk- und Bremsen deutlich vereinfacht. Im Vergleich zum Vorgänger machen die Kabel jetzt noch weniger Bögen und laufen geradliniger zu ihren Bestimmungsorten. Dies ist vor allem am Hauptlager erkennbar und soll sich primär hinsichtlich der Schaltleistung positiv bemerkbar machen.

Der Aluminium-Rahmen wird ausführlich durch Gummi-Protektoren an Unterrohr sowie Ketten- und Sitzstreben geschützt. Der neue Kettenstrebenschutz soll sehr Geräusch-dämmend sein und führt außerdem den Schaltzug in Richtung ausfallende. Zusätzlich sind die exponierten Bereiche des Rahmens durch Folien geschützt.

Geometrie

Die Geometrie des Raaw Madonna V3 wurde nur geringfügig angepasst. So ist die Abflachung des Lenkwinkels um ein halbes Grad – auf nun 64° – sicherlich die bedeutendste Änderung. Zusätzlich wurde der ohnehin bereits recht üppige Stack noch mal erhöht. Abgesehen davon bekommt man bei Raaw einen geräumigen, aber noch moderaten Reach und einen sehr steilen Sitzwinkel. Auch mitwachsende Kettenstreben sind weiterhin mit von der Partie. Dieses lassen sich bei Bedarf um 5 mm verlängern oder verkürzen. Außerdem kann das um 35 mm abgesenkte Tretlager wie bereits angesprochen um je 3 mm angehoben oder abgesenkt werden.

Neu ist zudem die fünfte Rahmengröße XXL. Hier werden fortan auch richtig große Mountainbiker glücklich.

Ausstattung

Raaw bietet das Madonna V3 nicht als Komplettbike zum Kauf an. Stattdessen stehen Rolling Chassis oder Rahmensets mit Öhlins- oder Fox-Federelementen zu Wahl. Preislich geht es bei 2.790 € los. Das Madonna V3 kann ab sofort in Raw oder Schwarz bestellt werden. Die Auslieferung ist für Anfang Februar vorgesehen.

• Federgabel Fox 38 Factory (170 mm)
• Dämpfer Fox Float DPX2 (160 mm)
• Antrieb Shimano XT
• BremsenShimano XT
• LaufräderNewmen Evolution E.G. 30
• Reifen Maxxis Assegai DD / Maxxis Minion DHR II DD
• co*ckpit OneUp Aluminium Handlebar (780 mm) / OneUp Stem (70 mm)
• Sattelstütze OneUp Variostütze (210 mm)

Auf dem Trail

Wir durften das Madonna bereits in unsere heimischen Gefilde im Taunus entführen, um zu sehen, was diese Schönheit für uns bereithält. Beim ersten Aufsitzen fällt sofort das super softe Ansprechverhalten des Hinterbaus auf. Wir gleiten in den SAG und sitzen dank des steilen Sitzwinkels super aufrecht. Gemütlich pedaliert man den Berg hinauf, dem Gipfel entgegen. Der Dämpfer ist im offenen Modus zwar stets in Bewegung, die Antriebskraft scheint aber trotzdem nahezu vollkommen in Vortrieb umgewandelt zu werden.

Wer sich im Uphill bei steilen Rampen gelegentlich am Lenker festkrallen und vorbeugen muss, um nicht nach hinten überzukippen, erlebt hier eine Erleuchtung. Das Madonna V3 bezwingt wirklich jede noch so steile Steigung bei gemächlichem Tempo in entspannter Körperposition. Das Vorderrad zum Steigen zu bewegen, scheint vollkommen unmöglich zu sein. Neben dem steilen Sitzwinkel schieben nämlich auch die langen Kettenstreben viel Gewicht aufs Vorderrad. Einzig die Maxxis Double Down-Reifen und das hohe Gesamtgewicht bremsen einen im Uphill ein wenig. Dass die Reifenwahl wohlbegründet ist, zeigt sich in der Abfahrt.

Unsere Ausfahrten – und somit auch Abfahrten – fanden allesamt im fiesesten herbstlichen Slop des Taunus statt. Schmierige Wurzeln, glitschige Steine und tiefe, wasserdurchdrungene Böden hatten es auf uns abgesehen. Die Bedingungen, dem Madonna die Sporen zu geben, könnten besser sein. Aber was solls – ab in den Downhill!

Der erste Trail war durchzogen von blank geschrubbten Wurzeln und offenen Kurven. Ich habe mich hinter meinen Kumpel eingereiht, der eigentlich auch flotter unterwegs ist als ich. „Fahr mal vor, neues Bike, du weißt …“. Er kam mir nicht davon. Eingewöhnungszeit gleich Null, Traktion Einhundert. Das sehr sensible Fahrwerk saugt sich an allem fest, was es unter die Stollen bekommt, ohne dabei wegzusacken oder zum Ende des Federwegs harsch zu reagieren. Die so oft beschworene Balance zwischen Vorder- und Hinterrad bekommt hier eine neue Benchmark. Man steht tief integriert und dank des hohen Stacks aufrecht im Bike. Das führt bei einigen Enduros zu Grip-Verlust an der Front. Nicht so beim Madonna: die langen Kettenstreben verlagern viel Gewicht aufs Vorderrad, sodass man in jeder Lebenslage ordentlich Traktion hat.

Geht das Madonna doch mal quer, fängt es sich in der Regel mit stoischer Ruhe wieder. Ebendiese Ruhe strahlt das Madonna nicht nur bei den Fahreigenschaften, sondern auch bei der Geräuschkulisse aus. Man hört das dumpfe Klopfen der Reifen auf dem Boden, ansonsten so gut wie nichts.

Der nächste Trail: eine einzige schmierige Schlammrinne in feinstem Nadelwaldboden. Die Reifen schwimmen auf, man fliegt von einer Rut in die nächste und fährt im Grunde genommen nur im Drift. Von Kontrolle konnte hier keine Rede sein. Von Sicherheitsgefühl jedoch schon. Mit dem Madonna fährt man in den fiesesten Bedingungen wie ein Vollidiot und fühlt sich dabei wie ein Superheld. Das Grinsen im Gesicht war schwer wieder loszuwerden. Und auch hier zeichnete sich dasselbe Bild wie auf dem ersten Trail: Das Madonna V3 strahlt Sicherheit aus und lässt einen auf Anhieb richtig schnell fahren.

Kann so ein Bike auch auf flachen Trails performen? Kein Problem, der durchweg positive Eindruck setzt sich auf hier fort. Das V3 liegt satt auf dem Trail, arbeitet ruhig alles weg, was man ihm vorwirft, fühlt sich dabei aber nie zu träge an. Kommt das Bike dann auf dem Trail mal aus dem Schwung, ist beim Pedalieren allerdings Vorsicht geboten. Das tiefe Tretlager führt zu gelegentlichem Bodenkontakt der Pedale. Wer hier Probleme hat, kann das Tretlager des Madonnas dank der einstellbaren Geometrie etwas höher setzen.

Mit dem Madonna fährt man in den fiesesten Bedingungen wie ein Vollidiot und fühlt sich dabei wie ein Superheld.

Bei dem ersten durchweg positiven Eindruck des Bolzverhaltens stellt sich natürlich die Frage, wie verspielt man ein solches Geschoss durch enge Kurven manövrieren kann. Das Madonna V3 fährt sich natürlich nicht so quirlig wie ein kurzhubiger Vertreter mit knackig-kurzen Kettenstreben, etwas steilerem Lenkwinkel und zwei Kilogramm weniger Gewicht auf den Rippen. Klar, wir haben es hier ja auch mit einem ausgewachsenen Enduro Race-Bike zu tun. Dass mich das Bike daran gehindert hätte, enge Kurven richtig schnell zu nehmen, kann ich aber dennoch nicht behaupten. Warum treffe ich eine solche Aussage? Ich wusste über das Bike bei der ersten Ausfahrt nichts außer dem, was augenscheinlich ist. Ich hatte keine Geometrie, keine Kinematik, nichts. Hätte ich gelesen, dass das Bike so lange Kettenstreben hat (450 mm), wäre ich sicherlich etwas voreingenommen gewesen. Ich wäre davon ausgegangen, dass sich das Teil fährt wie ein Schulbus in einem Altstadtkern. Davon kann aber keine Rede sein. Das Raaw Madonna V3 macht genau das, was man ihm vorgibt: Vorderrad auf die Line gesetzt und durchziehen. Genau so will das Rad manövriert werden.

Wer gerne auf Flowlines rumjibbt, tighte Trails mit vielen schnell aufeinander folgenden Kurven fährt und sich das harte Gebolze lieber spart, schaut sich besser nach einem quirligeren Bike um. Für alle, die nach dem Motto „Stumpf ist Trumpf“ oder „Speed is your friend“ in den Wald ziehen, Abfahrten im Bikepark kloppen und Rennen fahren, könnte das Raaw Madonna V3 ein sehr potenter Begleiter sein.

Erster Eindruck – Raaw Madonna V3

Wie gefällt euch das neue Raaw Madonna V3?

Testablauf

Wir hatten die Möglichkeit, das Raaw Madonna V3 für einige Tage auf unseren matschigen Hometrails im Taunus zu testen. Sämtliche Höhenmeter wurden dabei aus eigener Kraft zurückgelegt.

Hier haben wir das Raaw Madonna V3 getestet

• Taunus, Hessen Naturbelassene Trails mit zahlreichen Wurzeln und Steinen von flach bis steil. Außerdem gebaute Strecken Flowtrails und Enduro-Strecken